Wir glauben, dass wir eine neue Gesundheitsbewegung brauchen, die das derzeitige Gesundheitssystem in Frage stellt. Mit diesem Projekt wollen wir uns gegenseitig ermutigen, Forderungen zu stellen, andere Gruppen und ihre Kämpfe kennenzulernen, uns über ihre Bedürfnisse und Perspektiven zu informieren und Allianzen zu bilden, um all unseren sich überschneidenden Forderungen Gehör zu verschaffen.

Forderungen

Du hast das Recht, gehört zu werden

3 Forderungen
Das deutsche Gesundheitssystem, das Sozialsystem und das Asylsystem in Deutschland erzeugen Ängste und Stress. Sie üben Druck auf die Menschen aus und beeinträchtigen so ihre Gesundheit, wenn sie sich bereits in einer prekären Situation befinden. Das Ausfüllen von Formularen, die Beantragung von Hilfsmitteln, Medizinprodukten, Therapien und Dienstleistungen, die Bearbeitung von Anträgen, die Delegation von Zuständigkeiten zwischen verschiedenen Stellen und die Überschreitung von Fristen überfordern die Nutzerinnen und Nutzer von Gesundheitsleistungen.

Du hast das Recht auf eine zugängliche Gesundheits-versorgung

5 Forderungen
Das deutsche Gesundheitssystem, das Sozialsystem und das Asylsystem in Deutschland erzeugen Ängste und Stress. Sie üben Druck auf Menschen aus, benachteiligen und diskriminieren Menschen. Das beeinträchtigt die Gesundheit der Personen, die sich bereits in einer prekären Situation befinden. Das Ausfüllen von Formularen, die Beantragung von Hilfen, Hilfsmitteln, Therapien und Dienstleistungen, die Ablehnung von Anträgen, die Delegation von Zuständigkeiten zwischen verschiedenen Stellen und die Überschreitung von Fristen erschöpfen die Nutzer*innen von Gesundheitsleistungen.

Du hast das Recht, als vollwertige Person wahrgenommen zu werden

2 Forderungen
Das Gesundheitssystem darf seinen Nutzer*innen nicht schaden. Alltagsrassismus, herablassende Kommunikation, die falsche Verwendung von Pronomen und Namen und das Ignorieren persönlicher Erfahrungen schaden Menschen, die medizinische Unterstützung suchen.

Du hast das Recht auf Unterstützung im Gesundheits-system

9 Forderungen
Gefährdete Gruppen brauchen umfassende gesundheitliche Unterstützung, um Traumata und Stress zu bewältigen.

Du hast das Recht auf eine Gesundheits-versorgung, die ihre Geschichte anerkennt

4 Forderungen
Die Konzepte von Gesundheit und Wohlbefinden im deutschen Gesundheitssystem berücksichtigen nicht die Geschichte und Kontinuität von Kolonialisierung, Rassismus, Klassismus, Behindertenfeindlichkeit, und Diskriminierung von LGBTQIA+ Personen. Indem sie Konzepte und Normen von sogenannten gesunden Körpern und Psychen durchsetzen, verursachen sie Schäden in Familien, Identitäten und Körpern. Die Auswirkungen einer unbewältigten Geschichte von Gewalt und fortdauernder Diskriminierung auf die körperliche und seelische Gesundheit sind nicht ausreichend erforscht und anerkannt.

Du hast das Recht, von diversem medizinischen Personal versorgt zu werden

7 Forderungen
In Deutschland sind Ärzt*innen und Chefärzt*innen überwiegend weiß, nicht sichtbar behindert und sozial privilegiert. Strukturell rassistische Berufsempfehlungen lenken Migrant*innen und BIPoC in prekärere Berufe im Gesundheitswesen, wie z. B. Pflegekräfte, Krankenschwestern und Servicepersonal. Klassistische und weiße Privilegien in Gesundheitsberufen werden weitergegeben, wodurch Medizin ein elitäres Berufsfeld bleibt, das Macht, Geld und Status anhäuft.

Du hast das Recht, sicher zu sein

3 Forderungen
Viele Menschen mit weißen Privilegien setzen sich nicht freiwillig mit den rassistischen Auswirkungen ihrer Handlungen und verinnerlichten Überzeugungen auseinander. Das macht das deutsche Gesundheitssystem zu einem potenziell unsicheren und schädlichen Bereich für Menschen, die von Rassismus betroffen sind. Dies gilt auch für andere gewaltvolle gesellschaftliche Normierungen, wie z.B. Behindertenfeindlichkeit oder Cissexismus.

Du hast das Recht, dir die Zeit zu nehmen, die du brauchst

1 Forderung
Die Kommunikation mit Dolmetscher*innen, die Kommunikation mit Assistent*innen sowie schwierige und komplexe Gesundheitssituationen erfordern Zeit. Menschen, die mehr Zeit brauchen, als das Gesundheitssystem vorsieht, werden oft als lästig oder schwierig empfunden. Wir haben oft das Gefühl, zu viel Raum zu beanspruchen.

Du hast das Recht, Informationen zu erhalten und wählen zu können

2 Forderungen
Nutzer*innen des Gesundheitssystems müssen die Möglichkeit haben, nicht-diskriminierende und zugängliche Dienstleistungen zu wählen. Die folgenden Informationen sollten verfügbar sein: Ist das Praxispersonal in Antirassismus und Antidiskriminierung geschult? Sind die Räumlichkeiten zugänglich? Welche Sprachen werden gesprochen? Welche Formen der Kommunikation werden unterstützt? Wird die Geschlechtsidentität respektiert?

Du hast das Recht auf Gesundheits-versorgung, unabhängig von deiner Situation

3 Forderungen
Menschen, die sich in einer besonders prekären Situation befinden – wie Geflüchtete, die sich in einem Asylverfahren befinden oder in Unterkünften untergebracht sind – müssen Zugang zu einer umfassenden Gesundheitsversorgung erhalten. Für Menschen mit Lernschwierigkeiten und/oder für Menschen, die kein Deutsch sprechen, ist das Gesundheitssystem besonders unzugänglich. Der Zugang zu Gesundheitsleistungen für diejenigen, die derzeit ausgegrenzt und behindert werden, muss eine Priorität bei der Entwicklung neuer Leitlinien und Maßnahmen im Bereich der Gesundheitsversorgung sein.

Interviews & Texte

Wir müssen den Zwangsapparat der Krankenkassen ganz abschaffen.

Interview mit Mine Pleasure Bouvar
Als Trans* Aktivistin, Bildungsreferentin und DJ unterläuft Mine das Cistem. Mine hat Szenische Kunst studiert, ist Teil von female:pressure, dem Bundesverband Trans* und hält Vorträge und Workshops zu Antidiskriminierung und Machtkritik. Das Gespräch wurde mit Julia und Kim vom New Health Movement geführt.

Es geht darum, für Gesundheitsversorgung für alle zu kämpfen.

Interview mit Women in Exile
Women in Exile (WiE) ist eine der Initiativen, die längst Forderungen an das Gesundheitssystem erarbeitet und veröffentlicht haben und von den diskriminierenden Erfahrungen berichten, die geflüchtete Frauen in Deutschland machen. WiE haben vor einer Weile das Gesundheitsmagazin: Gesundheitsversorgung für alle, ohne Diskriminierung! veröffentlicht. Zum zwanzigjährigen Jubiläum von Women in Exile erschien vor Kurzem das Buch Breaking Borders to Build Bridges – 20 Years of Women in Exile. An einem Wintermorgen trafen Nam und Inga vom Projekt die Neue Gesundheitsbewegung Mado und Jana in den Räumen von Women in Exile in Neukölln.  

Wenn ich mir meine eigenen Erfahrungen im Gesundheitssystem anschaue, sehe ich überall Barrieren.

Interview mit Platz da!
<Platz da!> Beratung für Inklusion und barrierefreie Kulturvermittlung besteht aus einem Team aus Menschen mit und ohne Behinderung und chronischer Erkrankung und berät Kultureinrichtungen zum Barrierenabbau in den Bereichen Sehen, Hören, Bewegen und Lernen. <Platz da!> hat seit dessen Gründung 2017 viele thematische und multiperspektivische Workshops entwickelt. Im Bezug auf das Gesundheitssystem erinnert uns <Platz da!> daran, wie wichtig es ist, auch unsere Fragestellungen zugänglich zu gestalten. Wer wird zum Wünschen und Fordern aufgefordert? Wie erklären wir einander das Gesundheitssystem? Wie können die Erfahrungen von Patient:innen gewertschätzt werden? Das hybride Gespräch mit Stefanie Wiens und Katrin Dinges von <Platz da!> führten Julia und Inga von die Neue Gesundheitsbewegung.

Wir fordern eine obligatorische Sensibilisierung, was rassismuskritische Strukturen angeht.

Interview mit Bundesfachnetz
Das Bundesfachnetz Gesundheit und Rassismus haben wir 2022 auf der Konferenz zu Gendermedizin auf Kampnagel kennengelernt und uns sehr darauf gefreut, mehr über dessen Arbeit zu erfahren. Immer wieder fällt uns auf, dass Personen und Initiativen, die an den Fehlstellen des deutschen Gesundheitssystems arbeiten, mit einem unglaublich hohen Bedarf konfrontiert sind. Wenn Personen ehrenamtlich oder mit geringer Förderung arbeiten, um diese Mängel aufzufangen, wird deutlich, wie dringend die angemessene und strukturelle Finanzierung von Forschung und Beratungsstrukturen benötigt wird. Kim und Inga von die Neue Gesundheitsbewegung trafen Yasmina Metwally und Sina Rahel Holzmair vom Bundesfachnetz Gesundheit und Rassismus online. Die Interviewfragen und Forderungen hatte das Bundesfachnetz intern mit Kadijata Bah, Mariela Georg, Diminga Lorenz, Sumona Dhakal, Sina Rahel Holzmair und Yasmina Metwally besprochen.

Sich mit den eigenen Privilegien, mit Rassismus, mit Vorurteilen und allem, was dazugehört, auseinanderzusetzen.

Interview mit Casa Kuà
Anstatt auf Veränderungen im Gesundheitswesen zu warten, hat Casa Kuà 2020 begonnen, einen Ort zu schaffen, den trans, inter und queere Personen of Colour, Schwarze und Indigene in Berlin benötigen. Casa Kuà macht deutlich, wie grundsätzlich anders Räume für Gesundheit und Gemeinschaft selbst organisiert werden können, die sich nicht von den Vorgaben des Gesundheitssystems beschränken lassen. Das Gespräch mit Tzoa von Casa Kuà führten Nam, Kim und Julia von der Neuen Gesundheitsbewegung. 

Diskriminierungen und Rassismus müssen endlich aufhören

Statement von RomaniPhen e.V.
Im Gespräch mit Svetlana Kostić und Isidora Randjelović in den Räumen des RomaniPhen Archivs unterhielten wir uns darüber, inwiefern es Sinn macht, Forderungen an das Gesundheitssystem aufzustellen, wenn wir sie nicht durchsetzen können. Isidora stellte fest, dass es wichtig ist, nur solche Forderungen aufzustellen, die wir weiterverfolgen. Natürlich lassen sich in einer beliebigen Situation im Gesundheitswesen viele diskriminierende Erfahrungen nachzeichnen, die Rom:nja und Sinti:zze im deutschen Gesundheitswesen erleben, so beide. Doch die Diskriminierung von Rom:nja und Sinti:zze sei keinesfalls auf das Gesundheitswesen begrenzt. Sinnvoller wäre es, sich der Frage nach den Forderungen an das Gesundheitssystem über den Begriff der reproduktiven Gerechtigkeit zu nähern. Unter reproduktiver Gerechtigkeit verstehen wir nicht nur das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, wie z.B. das Recht auf Abtreibung. Sondern auch das Recht, Kinder zu bekommen und die eigenen Kinder unter guten …

Die Forderungen wurden kollektiv erarbeitet und basieren auf den Interviews mit den folgenden Initiativen:

<Platz da!> ist eine Inititaive für inklusive Kultureinrichtungen und bietet barrierefreie Kulturvermittlungsformate an.
Als Trans* Aktivistin, Bildungsreferentin und DJ unterläuft Mine das Cistem. Mine hat Szenische Kunst studiert, ist Teil von female:pressure, dem Bundesverband Trans* und hält Vorträge und Workshops zu Antidiskriminierung und Machtkritik.
Women in Exile ist eine Initiative von geflüchteten Frauen, die sich 2002 in Brandenburg zusammen gefunden haben, um für ihre Rechte zu kämpfen.